27. September 2011

Palästinenserstaat. Auftritt vor der UNO als offizieller Auftakt zur Intifada III

Es ist zwei Jahre her, da die Schwesterpartei [sic] der europäischen Sozialisten Al Fatah einen Kongreß in Bethlehem abhält. 2 200 Delegierte nehmen daran teil. Über den Verlauf berichtet Figaro-Korrespondent Adrien Jaulmes voller Begeisterung: Alte Kameraden liegen sich in den Armen, man gedenkt der gemeinsamen Kämpfe zur Befreiung Palästinas. Damit ist nicht der Übergang des Westjordanlandes und Gazas an die Araber gemeint, sondern die Vernichtung des Staates Israel. Die Strategie nach dem verlorenen Jom Kippur-Krieg, der letzten konzertierten Operation der arabischen Staaten, wird vorgegeben im Phased Plan, vom 9. Juni 1974. Dessen Gültigkeit hat der PLO-Vorsitzende Yasser Arafat keine zwei Wochen vor der Unterzeichnung der Prinzipienerklärung über die vorübergehende Selbstverwaltung (Oslo I), vom 13. September 1993, gegenüber Radio Monte Carlo bekräftigt: Die "historische Übereinkunft [Oslo I], 'wird eine Grundlage sein für einen unabhängigen palästinensischen Staat im Einklang mit der Resolution des Nationalrats, von 1974 ... Die PNC Resolution von 1974 sieht vor, auf welchem Teil des palästinensischen Bodens auch immer, von dem Israel sich zurückzieht, oder der befreit wurde, eine nationale Befehlsgewalt zu errichten.' "

Die Artikel 5-6 des Phased Plan fordern keine vier Jahre nach dem Schwarzen September, dem mißlungenen Versuch der Machtübernahme in Jordanien, auf zu einer Revolution, um in dem Land ein Regime einzusetzen, das mit der PLO gemeinsam darangeht, Palästina in den Grenzen des britischen Mandatsgebietes wiederherzustellen, vor der Hashemite Solution, der Abspaltung von 77 Prozent als Transjordanien, ab 1946 unabhängig, 1951 umbenannt in Jordanien, in dem heute ca. 70 Prozent der Einwohner Palästinenser sind. Die PLO erkennt Jordanien bis heute nicht als einen von Palästina unabhängigen Staat an.

Die Gültigkeit des Phased Plan hat der palästinensische Botschafter im Iran Salah Al-Zawawi einen Tag nach dem Tode Yasser Arafats in einem Interview mit dem iranischen Fernsehsender Al-Alam TV bekräftigt: "Unser Phasenplan, den ich bereits erwähnte, geht dahin, einen unabhängigen souveränen palästinensischen Staat mit Jerusalem als Hauptstadt zu schaffen." Mit Jerusalem, nicht etwa mit Ost-Jerusalem!

So sieht es auch Mahmud Abbas, 35 Jahre später. Auf dem Kongreß erklärt er, daß die Rückgabe sowohl von Ost- als auch von West-Jerusalem an die palästinensische Kontrolle eine "Rote Linie" sei, die nicht verhandelbar wäre, vorher könnten keine Friedensverhandlungen beginnen. Die Delegierten der Fatah beschließen eine Übereinkunft, in der erklärt wird, die Palästinenser würden "fortfahren, geopfert zu werden, bis die Einwohner von Jerusalem frei von Siedlungen und Siedlern wären." Sie stellt fest, daß ganz Jerusalem, einschließlich der umgebenden Dörfer, den Palästinensern gehörten, und Land, das im Zuge des Sechstagekrieges erobert wurde, denselben Status hätte wie das innerhalb der Grünen Linie, das heißt innerhalb Israels. Unter donnerndem Applaus der Delegierten ruft Mahmud Abbas aus: "Diese Übereinkunft muß ein Neuanfang für die Fatah-Bewegung sein ... In unserer Geschichte gab es viele Anfänge und Rückschläge. Manchmal haben wir den Rand des Abgrunds erreicht - aber wir sind jedes Mal stärker daraus hervorgegangen."

Die Berichterstattung in europäischen Massenmedien, darunter wieder der bekannte Adrien Jaulmes, über diese Kriegserklärung der Fatah an Israel habe ich im Artikel Al Fatah. Desolate Berichterstattung über einen desolaten Kongreß dokumentiert: Auslassungen, Beschönigungen, Verdrehungen, Fälschungen, Lügen.

Intifada III. Der Kampf geht weiter

Seit August 2009 bereiten die Palästinenserführer von PLO und Fatah samt ihren Derivaten eine neue Intifada vor. Die Hamas bleibt davon ausgeschlossen, weil es in erster Linie um einen Machtkampf zwischen Fatah und Hamas um die Millionen und Milliarden Dollar und Euro an Subventionen der internationalen Geber geht, und da sitzt die Fatah am längeren Hebel, die Hamas muß mit dem Iran vorlieb nehmen. Das Westjordanland, in dem Premierminister Salam Fayyad in den letzten drei Monaten nicht einmal mehr die Gehälter der 150 000 Angestellten (16 Prozent, bei ca. 2,5 Millionen Einwohnern!) bezahlen kann, ist unter den jetzigen Bedingungen nicht in der Lage, ein Staat zu werden. In diesem Jahr werden im Haushalt des sich zum Staat aufschwingenden Gebildes $900 Millionen fehlen. Salam Fayyad ist vor dem UNO-Auftritt von einer Betteltour aus New York zurückgekehrt, schreibt Tom Perry, für ar-Reuters. Einige rechtliche Argumente gegen die Staatsgründung kann man in der Dokumentation Palästinenserstaat? Eine Randnotiz nachlesen.

Saudi-Arabien erklärt sich bereit, $200 Millionen bereitzustellen, das von den arabischen Staaten gewöhnlich einkommende Geld war im "arabischen Frühling" zu besseren Zwecken eingesetzt worden, nämlich zur Unterstützung radikaler islamischer Kräfte der Region. Nun kann man eine einfache Rechnung aufmachen, die schon für die Intifada II aufschlußreich gewesen ist: Was hätte den palästinensischen Terrororganisationen und ihren Führern ein Frieden von Camp David eingebracht, und was bringt eine Intifada ein? Bis Juli 2003 haben die Saudis $4 Milliarden für die palästinensischen Terrorgruppen ausgegeben. Saudi-Arabien hat den Palästinensern zur Fortführung der Intifada II die Unterstützung von $1 Milliarde zugesagt. Im Artikel Saudi-Arabien, die "palästinensische Sache" und die Arab Bank, vom 9. November 2004, kann man, vor allem im Abschnitt "Unterstützung der saudischen Regierung für palästinensische Terrororganisationen über die Arab Bank" darüber Aufschluß bekommen, daß der Terror für die palästinensische Führung ein besseres Geschäft ist als der Aufbau eines Staates.

Muslime sind es gewohnt, solche Rechnungen aufzumachen, was sich beispielsweise bei der Behandlung von Dhimmis in eroberten Staaten gezeigt hat. Was bringt mehr, den Dhimmi und seine Familie zu ermorden und den Besitz einzustreichen, oder den Dhimmi und seine Familie am Leben zu lassen und sie die folgenden Jahre systematisch finanziell auszubeuten? Im Grunde ist es eine normale Geschäftsüberlegung, die jeder anstellt, der ein Projekt übernimmt: Mache ich es dicht und verkaufe es, oder ziehe ich daraus in nächster Zeit finanziellen Nutzen?

Ein palästinensischer Staat, also die Beendigung des Terrorprojektes, bringt den Palästinenserführern weniger als die Weiterführung des Kampfes für ihn. Nur im Falle eines Kampfes zahlen die arabischen Ölstaaten, die Europäer und die USA die Millionen in gewohnter Höhe. Ein Staat wäre anders eingebunden ins internationale Finanzsystem, von einem Staat würde man verlangen, daß seine Regierung den Terror unterbindet, man würde Auflagen machen, unter denen Hilfsgelder flössen, einen ordentlichen Haushalt erwarten usw.

Palestine laughs at the thought of peace with Israel. Demanding the impossible is a sure way to keep the fight going. Palästina lacht bei dem Gedanken an Frieden mit Israel. Das Unmögliche zu fordern, ist ein sicherer Weg, den Kampf weitergehen zu lassen, schreibt taffy auf dem Blog Vlad Tepes.

So ist es bei der Intifada II, und so wird jetzt die Intifada III vorbereitet. Palestine Facts schildern auf einer Seite die letzte Phase des Aufbaus der Intifada II: Ermordung eines israelischen Soldaten durch eine Autobombe, an der Netzarim-Kreuzung in Gaza, Ermordung eines israelischen Polizeioffiziers durch seinen palästinensischen Counterpart, Uminterpretierung des Besuches des Tempelberges durch Premierminister Ariel Sharon zu einer Schändung des muslimischen Heiligtums. Marwan al-Barghouti, Chef der 1995 [!] gegründeten Tanzim, des militärischen Armes der Fatah, erklärt sich voller Stolz verantwortlich für die Koordinierung der Terroraktionen im Westjordanland, in Gaza und unter den israelischen Arabern.

Ergänzen könnte man die Unterstützung Frankreichs durch die Pallywood-Szene der Erschießung des 12-jährigen Mohammed al-Dura, ebenfalls an der Netzarim-Kreuzung, drei Tage nach dem Mord an dem israelischen Soldaten, dessen selbstverständlich in keinem westlichen Medium gedacht worden ist. Yasser Arafat stellt in den Friedensverhandlungen von Camp David nicht zu erfüllende Forderungen. Als ihnen nicht entsprochen wird, verläßt er den Ort seines Sieges; denn um nichts anderes als seinen Sieg handelt es sich, und er beginnt mit den Vorbereitungen zur Intifada II.

So auch Mahmud Abbas, für den der Auftritt in New York der spektakuläre Höhepunkt der Vorbereitung zu einer neuen Intifada ist. Die Palästinenser, die ganze Zeit betrogen von ihren Führern, diese wollten unbedingt einen palästinensischen Staat, werden jetzt reif gemacht für die zukünftigen Kämpfe. Frankreich wird wieder inmíten drínen eine Show inszenieren, Charles Enderlin muß noch einmal ordenverdächtige rushes liefern, und alles kann seinen Verlauf nehmen. Die französischen Medien verbreiten die Schauermärchen in bewährter Schnelligkeit.

Figaro-Korrespondent Adrien Jaulmes, immer im Zentrum begeisternder Ereignisse, eben zurückgekehrt vom Sondereinsatz in Libyen, direkt aus dem "arabischen Frühling", kann jetzt in Ramallah dem "palästinensischen Frühling" zujubeln: Mahmoud Abbas accueilli en héros à Ramallah, als Held in Ramallah empfangen.

Kollegin Adèle Smith, Figaro-Korrespondentin in New York, hält dagegen: Le destin incertain de la candidature palestinienne. Das ungewisse Schicksal der palästinensischen Kandidatur. Die Jewish Virtual Library bietet ein Fact Sheet. Palestinian Unilateral Declaration of Independence. Palästinensische einseitige Unabhängigkeitserklärung. Dort kann man ausführlich nachlesen, warum es sich um ein aussichtsloses Unterfangen handelt.

Der israelische Karikaturist Yaakov Kirschen zeigt in den neuesten Dry Bones PLO Blunder. Grober Fehler, Mahmud Abbas mit einem blauen Auge, das sei die erste Lektion, und er kommentiert: Do not try to force an American president to betray Israel during an American presidential campaign. Versuche nicht, einen amerikanischen Präsidenten während eines amerikanischen Präsidentschaftswahlkampfs zum Verrat an Israel zu nötigen.

Mahmud Abbas aber stellt den Antrag deshalb gerade jetzt, da er mit Sicherheit keine Chance auf Annahme hat, weil er weiß, daß Barack Obama auf Grund der Stimmstärke der US-Juden nicht zustimmen kann. Die Juden sind zwar unbelehrbar, wenn es um Vorausschau der Inkompetenz des zu wählenden demokratischen Präsidenten geht, würde er ihnen aber eine solche Steilvorlage liefern, wäre es wirklich aus. Selbst Sarah Silverman zöge nicht mehr zum Great Schlep nach Florida, um Zayde, Bubbie und Tante Lea zu bequatschen. Der eine oder andere Jude würde sich auch an die Sprüche des Präsidentschaftskandidaten vor dem begeisterten AIPAC (18:56), vom 4. Juni 2008, über das ungeteilt zu Israel gehörende Jerusalem und an andere Lügen erinnern. Vier Jahre eines weltweiten Alptraums habe ich vorausgesagt (war aber nicht schwer), wenn nun auch noch die Sicherheit Israels gefährdende Konzessionen an Mahmud Abbas kämen, wäre es aus mit Stimmen der US-Juden.

Mahmud Abbas kann das der Welt verkaufen als Einfluß der jüdischen Lobby, die in den USA die Politik bestimme. Die kleinste Konzession seitens der USA an Mahmud Abbas hätte die Vorbereitung der Intifada III zurückgeworfen. Palästinenser und linke jüdische und arabische Israelis vom Harry S. Truman Institute for the Advancement of Peace der Hebrew University Jerusalem, darunter eine Muslimin mit Kopftuch, sondieren in einer Umfrage, vom 11. bis 14. September 2011, wie es aussieht mit der Zustimmung zur Wiederaufnahme der Kämpfe. Um es vorwegzunehmen: Es sieht gut aus dafür.

V2) (Q20) What do you expect to happen between Palestinians and Israelis now after the Palestinian decision to seek membership in the UN on 20 September 2011? Was erwarten Sie, was zwischen Palästinensern und Israelis geschieht, jetzt, nach der palästinensischen Entscheidung, die Mitgliedschaft in der UNO anzustreben?
  1. Verhandlungen werden weitergehen, und bewaffnete Konfrontationen werden aufhören. 9,8 Prozent aller Israelis und 27,7 Prozent der Palästinenser
  2. Verhandlungen werden weitergehen, aber einige bewaffnete Angriffe werden andauern. 38,0 Prozent aller Israelis und 28,2 Prozent der Palästinenser
  3. Bewaffnete Konfrontationen werden nicht aufhören, und die beiden Seiten werden nicht zu Verhandlungen zurückkehren. 48,8 Prozent aller Israelis und 23,3 Prozent der Palästinenser
  4. Die beiden Seiten werden nicht zu Verhandlungen zurückkehren, und bewaffnete A [attacks?] (Vorgabe für die Palästinenser). 12,9 Prozent der Palästinenser
  5. Keine Angaben von 3,5 Prozent aller Israelis und 7,9 Prozent der Palästinenser

Die Fragen werden an jüdische und arabische Israelis gestellt, an wieviele jeweils, ist unbekannt. "Israeli Jews" bleibt ausdrücklich leer. Dieses "Institut zur Förderung des Friedens" interessiert es nicht, was die Juden Israels auf die Frage zu antworten hätten. Die vier Vorgaben zur Beantwortung der Frage sind ebenfalls araberlastig. 1. "Bewaffnete Konfrontationen", nicht etwa "Palästinenser werden die Kämpfe wieder aufnehmen", sondern zwischen den mit Terror überzogenen Israelis und den palästinensischen Terroristen wird kein Unterschied gemacht. 2. Hier gibt es "bewaffnete Angriffe", sie können nur gemeint sein seitens der Palästinenser, also scheint es doch einen Unterschied zu geben? 3. Wieder Gleichstellung beider Seiten. 4. Die Frage ist an die Palästinenser anders gestellt worden, sie wird nicht zitiert. Die Vorgabe zur Antwort wird mitten im Wort abgebrochen: Two sides will not return to negotiations and armed a [?]

Nach dieser Umfrage rechnen 64,4 Prozent der befragten Palästinenser mit weiteren Angriffen und Konfrontationen. Um das Maß vollzumachen, wird Frage V7) beantwortet damit, daß 68,6 Prozent aller Israelis angeblich meinen, Israel sollte es akzeptieren, wenn die UNO im September den palästinensischen Staat anerkennt. Auch die übrigen Fragen und Antwortvorgaben sowie weitere Umfragen zeigen eher die Position des Instituts als die Lage in der Region. Unterstützt wird es dabei von der Ford-Foundation und der Konrad Adenauer-Stiftung. Harry und Conny drehen sich im Grabe um, Henry findet's prima!

"Palestinians never miss an opportunity to miss an opportunity," würde Abba Eban dazu sagen und es in den zwölf von ihm beherrschten Sprachen wiederholen. Im Artikel Versäumte Gelegenheiten habe ich dazu eine alternative Interpretation angeboten, nämlich, daß die Palästinenser genau wissen, was sie tun, daß sie ständig unterschätzt werden, und auch, daß ihnen damit ihre Würde abgesprochen wird. Sie sind immer Opfer? Nein, das Projekt ist auf dem Fatah-Kongreß, im August 2009, vorgestellt worden. Die Vorbereitungen zur Intifada III laufen. Diesmal gibt's bestimmt auch Hilfe aus der Türkei, und die Hamas kann mit dem Iran selig werden.

Wie sich die Fatah die Zukunft vorstellt, das erklärt das Mitglied des Fatah-Zentralkomitees Abbas Zaki in einem Interview mit Al-Jazeera, am 23. September 2011. MemriTV übersetzt die wichtigsten Worte im Clip # 3130 sowie in einem Transcript: Die Palästinenser werden gemäß dem Phased Plan vorgehen; denn "jeder weiß, dass das größere Ziel nicht in einem Zug erreicht werden kann." Blogger heplev hat einige Passagen übersetzt.

Was die europäischen Massenmedien sich derweil ausdenken, das ist in einigen Fällen komisch. Google.de Aktualitäten bieten unter "Mahmud Abbas", der habe UNO-Geschichte geschrieben (NZZ), der "palästinensische Frühling" habe begonnen (FOCUS), ihn und seinen "forschen Alleingang" (Hamburger Abendblatt), er werde "als Held gefeiert (SFTagesschau, Badische Zeitung, Bieler Tagblatt, suedostschweiz.ch), UN-Antrag. In Ramallah ist Hoffnung (ZEIT), sie liefern gemäß dpa, AFP und ar-Reuters seine Vorbedingungen, ohne die Verhandlungen gar nicht erst aufgenommen würden, nämlich den "völligen Siedlungsstopp" (ZEIT, Wiener Zeitung, Deutsche Welle), die Begeisterung der friedliebenden Araber: "Nach Jerusalem marschieren wir, als Millionen Zeugen" (Märkische Allgemeine), Ramallah bleibt bei seinem Kurs (FAZ), Abbas demonstriert Entschlossenheit (taz.de).

Es ist der offizielle Auftakt der Intifada III, und kaum einer hat's gemerkt.